Der Planetenweg HIMMEL auf ERDEN

Dem Besucher wird beim Wandern von Planet zu Planet eine Verbindung von heutiger Sichtweise des Kosmos mit jenem Weltbild dargestellt, mit dem sich die Menschen in der Antike den Lauf der Himmelskörper erklärten. In Märchen, Mythen, Traditionen und Religionen überlieferten sich diese alten Weltanschauungen. „Wie im Himmel, also auch auf Erden“ lauten die Worte des Gebetes, das dieser Sichtweise entspricht, der auch das hiesige Modell Rechnung trägt, wenn es die Objekte unseres Sonnensystems maßstabgetreu wiedergibt.

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Die Himmelskörper sind entlang des Planetenwanderweges in der Weise dargestellt, dass sowohl ihre Größe als auch ihre Abstände zueinander dem Maßstab 1:1 Milliarde entsprechen, wobei sie in der Stellung vom 5. Mai 2000 angeordnet sind. 1 Mio. km ergibt dabei 1 m, und die Entfernung von der Erde zur Sonne (die astronomische Einheit, AE), ungefähr 149 Mio. km, schrumpft im Modellmaßstab auf 149 m. Stellte man den nächsten Fixstern, Alpha Centauri, etwa 4 Lichtjahre entfernt, ebenfalls im Modell dar, so wäre er schon so weit entfernt wie der wirkliche Erdenmond. Der Lichtgeschwindigkeit von 300 000 km/s entspricht nur ein langsames Gehen von Planet zu Planet mit ca. 1 km/h. Der Weg, den ein jeder der dargestellten Himmelskörper auf seiner Bahn um die Sonne in einem Tag zurücklegt, ist durch Markierungen am Boden ersichtlich und im Beschreibungstext als „Tagesweg“ vermerkt. Die Kuppel des Empfangspavillons zeigt das Sternenzelt, wie es sich derzeit zur Sommersonnwende um Mitternacht oder zu Frühlingsbeginn vor Sonnenaufgang mit Blickrichtung nach Süden darbietet. Lichtpunkte verkörpern die Fixsterne der Sternbilder von Himmelsnordpol bis Schlangenträger und von Wassermann bis Löwe und sind durch die Sternzüge skelettartig verbunden bzw. teilweise durch die figürlichen Darstellungen umrahmt, die den Sternbildern Namen und Gestalt geben.

Die Beschreibungstexte der einzelnen Stationen sind in zwei Abschnitte gegliedert: Der astronomische Teil, der wissenschaftliche Details im heutigen Weltbild wiedergibt (in Standardschrift). Der mythologische Teil, der sternkundliche, kalendarische und astrologische Details aus alten Weltbildern darstellt (in Kursivschrift).

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Aus „De revolutionibus orbis coelestium libri“ von Nicolaus Copernicus

Die Planetenbahnen beschreibt das Weltbild der Neuzeit als Ellipsen, in deren Brennpunkt die Sonne steht, wogegen man sich in alter Zeit die Erde im Zentrum des gesamten Universums dachte, um das sich auf Kreisbahnen und kleinen Zusatzkreisen die Planeten bewegen. Beiden Weltbildern gemeinsam ist die Beschreibung des sichtbaren Planetenlaufs. Vor dem Hintergrund der Fixsterne, die in Sternbilder eingeteilt das Himmelsgewölbe bilden, verlaufen alle Planetenbahnen etwa in einer Ebene entlang des Tierkreises. Dort befindet sich auch die scheinbare Bahn der Sonne, die Ekliptik. Sie entsteht dadurch, dass sich der Blickwinkel, unter dem wir unser Zentralgestirn sehen, durch die Bewegung der Erde im Lauf eines Jahres ständig ändert. Himmelsereignisse, bei denen zwei Planeten bzw. die Sonne und ein Planet am Himmel zusammentreffen, nennt man Konjunktionen (Zusammenkünfte). In unregelmäßigen Abständen kommt es zu sehr seltenen Stellungen, wobei sich von der Erde aus gesehen alle klassischen Objekte des Sonnensystems (bis Saturn) auf ihren Bahnen an einem Ort der Ekliptik zusammenfinden. Eine solche Stellung, wie sie am 5. Mai 2000 auftrat, entspricht einer Konjunktion aller in der Antike bekannten Planeten, zu denen damals auch Sonne und Mond zählten. Von der Erde aus gesehen, stehen dann alle sieben Gestirne wie die Perlen einer Kette ungefähr in einer Reihe, und wir können das seltene Ereignis einer Konjunktion aller klassischen Planeten erleben. In einer solchen Situation bleiben die Planeten aber praktisch unbeobachtbar, da sie alle in Richtung der Sonne stehen, von der sie permanent überstrahlt werden. Ähnliches gilt für den Mond, weil seine Begegnung mit der Sonne Neumond bedeutet.

Solche Planetenstellungen waren seit der Antike zur zeitlichen Orientierung in vielen Kulturen für Zeitrechnungen von größter Bedeutung. Man stellte sich einst eine solche Konjunktion als Ausgangspunkt vor, bei dem die unterschiedlichen Planetenperioden zugleich zu laufen begannen, und bei dem die Planeten nach dem gemeinsamen Vielfachen aller Perioden wieder zusammentreffen würden. Man nannte den Zeitraum zwischen zwei solchen Konjunktionen „Großes Jahr“: Das Erdenjahr selbst, in dem ein solches Ereignis stattfindet, bezeichnete Aristoteles sogar „Größtes Jahr“. Die antike babylonische, persische und griechische Astronomie war erfüllt vom Gedanken, dass Anfang und Ende des Weltenlaufs bei dieser Planetenstellung stattfindet. Nach Ablauf des Großen Jahres würde sich alles Geschehen in exakter Weise wiederholen. So erzählte man sich z.B. im griechischen Mythos, dass nach Erschaffung der Menschen durch Prometheus ein Olympisches Symposion der Götter stattfand. Es beschreibt bildhaft ein Treffen bzw. eine Konjunktion aller Planeten. Auch fernöstliche Kulturen orientierten sich an solchen Planetenreihen: Die chinesische Zhuanxu- Zeitrechnung begann bei einer solchen Konjunktion am 5. März 1953 v. Chr.. Das indische Zeitalter Kali Yuga begann am 17.Februar des Jahres 3102 v. Chr.. Es ist dasselbe Datum bei dem Perser, Sassaniden und später der Islam aufgrund dieser Planetenstellung die „Große Flut“ annahmen. Auch am Beginn des jüdisches Kalenders, der zur Tag- und- Nachtgleiche im Herbst des Jahres 3760 v. Chr. zu laufen beginnt, findet sich eine ähnliche Planetenreihe. Die bisher letzte Konjunktion aller klassischen Planeten fand am 5.Mai 2000 statt, und fällt somit in das Millenium der christlichen Jahreszählung, die vom skytischen Mönch und Astronom Dionysius Exiguus um das Jahr 531 eingerichtet wurde, wo ebenfalls eine solche Planetenstellung stattfand. Heute wissen wir, dass der „Stern von Bethlehem“, der mit der Geburt Christi zeitlich verknüpft ist, tatsächlich im Jahre 7 vor der Zeitenwende zu sehen war. Somit ergibt sich eine Differenz von 7 Jahren, die darauf zurückgeführt wird, dass Dionysius zu wenige oder andere chronologische Informationen seiner Jahreszählung zu Grunde legte.

Vor kurzem wurde von S. Rothwangl eine andere Möglichkeit vorgeschlagen: Rothwangl liefert Hinweise, dass das Zusammentreffen des Jahres 2000 mit der Planetenreihe vom 5. Mai kein Zufall, sondern von Dionysius Exiguus beabsichtigt gewesen sei, d.h., dass er die abendländische Jahreszählung gezielt so einrichtete, dass die Wiederkehr der Konjunktion aller Planeten mit dem Millenium 2000 zusammenfällt. Eine Neuauflage einer solchen Planetenstellung wird es erst wieder am Frühlingstag des Jahres 2675 n.Chr. geben, wobei sich dann auch Uranus und Neptun nahe zu dieser Konjunktion einfinden werden.

Credits

Bauherr: Dorfentw. Rettenegg, Bgm. Johann Ziegerhofer, TV Obm. Siegfried Wegerer
Bauausführung: Tischlerei Wegerer
Wissenschaftliche Leitung: Univ. Prof. Dr. Hans M. Maitzen
Astronomie: Dr. Bernhard Aringer
Mythologie und Kalender: Rita Loidl, Sepp Rothwangl
Architektenplanung: Roland Fabro, Architekt
Idee, Konzept, Koordination: CALENdeRsign